Und ewig kochen die Weißwürste
In meiner Vergangenheit, jeder Mensch hat eine Vergangenheit, gab es eine Zeit, in der ich mich hingebungsvoll dem Dienst am Vaterland gewidmet habe.
Nach verschiedenen Ausbildungslehrgängen durfte ich dann eines Tages an meinem endgültigen Standort antreten. Wegen fehlender Versetzungsbefehle hatten sie noch nicht mit mir gerechnet, deshalb war ich dann erst noch für zwei Tage nach Hause gefahren. Ich wollte schließlich niemandem lästig fallen.
Schließlich wurde ich zum Schichtdienst eingeteilt und nachdem meine „Schicht“ gerade vom Nachtdienst kam und jetzt erst mal eineinhalb Tage frei hatte, fand ich es nicht ungehörig, mich für den gleichen Zeitraum erneut zu verkrümeln und ein paar Kumpels zu besuchen.
Aber ich war pünktlich zur Spätschicht anwesend. Ich kenn mich aus: Unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst kam nicht in die Tüte! Als erstes wurde mir klargemacht, dass ich als Rookie sowieso für nichts tauge und hier im Stützpunkt erst mal einer Einarbeitung bedürfe. Der zuständige Ausbilder war aber gerade in Urlaub und ich solle mir zu tun suchen. Ich fand das voll Scheiße, damit hatte ich nicht gerechnet und nichts zum Lesen dabei, nicht mal ein Kreuzworträtsel. Sollte mir nicht wieder passieren!
Zur nächsten Nachtschicht hatte P., den ich vom ersten Tag an nicht leiden könnte, was aber auf offensichtlicher Gegenseitigkeit beruhte, eine große Tüte Weißwürste mitgebracht. Für alle, nur nicht für mich! Auch wenn ich die zu der Zeit nicht ausstehen konnte, hätte er mich wenigstens fragen können.
Da ich immer noch nicht wirklich was zu tun hatte, bekam ich den Auftrag, die Weißwürste zu kochen.
Ein Befehl, von dem man weiß, dass er gegen geltende Gesetze verstößt, darf man nicht ausführen. Da mir auf die Schnelle aber kein passendes Gesetz einfiel, musste ich dem Befehl nachkommen.
Ein Riesentopf im Nebenraum, dort auch eine passende Kochplatte. Die ganzen zweieinhalb Dutzend Weißwürste, in Zahlen: 30 passten da auf einmal rein. Mit Wasser aufgefüllt, Platte angemacht und mich mit meinem Schmöker nach nebenan gesetzt. Hin und wieder musste ich zwar Wasser nachfüllen, aber das war nicht so tragisch. Denn ich hatte schon in der Grundausbildung gelernt: „Der Soldat führt jeden Befehl (Ausnahmen vorstehend) wörtlich und nach bestem Wissen und Gewissen aus.“
Und Befehl, das Kochen einzustellen, hatte ich noch nicht!
Nach einer Weile, es wird wohl so eine Dreiviertelstunde vergangen sein, P.: „Wo bleiben eigentlich die Weißwürste? Die müssen ja schon wieder kalt sein!“
„Nee, keine Sorge, die kochen befehlsgemäß, ich habe auch immer Wasser nachgefüllt!“
Überlegungen, die ganze Soße durch ein feinmaschiges Sieb zu gießen und damit vielleicht etwas Wurstsoße gewinnen zu können, mussten verworfen werden. Es ließ sich kein passendes Sieb auftreiben. Aus heutiger Sicht, jetzt finde ich Weißwürste gar nicht mehr so schlecht, muss ich sagen:
Nach einer Dreiviertelstunde kochen waren die so gründlich zerkocht, dass man mit viel Glück noch das eine oder andere Stückchen von der Pelle hätte auffangen können, aber mit Sicherheit nichts mehr von der Wurst.
Das Bittere an der Sache: Vom Weißwurstkochdienst war ich wegen erwiesener Unfähigkeit dauerhaft befreit!
Kommentare
Und ewig kochen die Weißwürste — Keine Kommentare
HTML tags allowed in your comment: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>