Wie ich Filmvorführer wurde
Den aufreibenden Kasernendienst fand ich sehr interessant, aber ich war meiner Zeit des Öfteren weit voraus. Und so war ich schon damals der Meinung, nur permanente und dauerhafte Weiterbildung und –qualifizierung lassen dich im Leben bestehen.
So fand ich den Tipp meines Kumpels im Personalstab, das in Kürze ein weiterer Filmvorführerlehrgang startete, ausgesprochen hilfreich. Die Weiterbildung der unterstellten Soldaten war ein eminent wichtiges Thema und zu diesem Zweck war es zwingend erforderlich, den Filmapparat richtig zu bedienen.
Das Gesuch war recht schnell geschrieben und nach dem Debakel mit den gekochten Weißwürsten und einiger anderer Vorkommnisse hielt sich das Bedauern im Stützpunkt, mich nach so kurzer zeit schon wieder ziehen zu lassen, in Grenzen.
Und vor allem fand der Lehrgang in Köln statt, fast 600 km von den Fährnissen des Kasernenlebens entfernt. Keiner konnte das mehr bedauern als ich selbst, aber dennoch, ich war zu dem Opfer bereit.
Auf die Zugfahrtkarte habe ich großzügig verzichtet und war lieber mit dem eigenen Auto gefahren. Nicht etwa, dass der Ernstfall eintritt und ich wäre nicht mehr mobil, um zur Einheit zu kommen und das Vaterland zu verteidigen.
Unterwegs war ziemlich viel Stau, so dass ich erst spät abends in Köln eintraf. Wie ich am nächsten Tag feststellen mussten, hatten andere noch viel mehr Stau und Pannen. Okay, für das nächste Mal weiß ich Bescheid!
Die sechs Wochen Lehrgang waren heftig, anstrengend, abends waren wir echt geschlaucht. Die Teilnehmer hatten jeden Morgen die Aufgabe, sich von 8 bis 9 Uhr selbständig mental auf den kommenden Unterricht vorzubereiten. Gut, manchen gab das Gelegenheit, sich von den intensiven Anstrengungen des vergangenen Abends zu erholen.
Ab 9 Uhr dann im zwingende Anwesenheit im Lehrsaal, wo die Handgriffe zum Einlegen des Films in den Projektor jeden Tag aufs Neue geübt wurden. Nur dauernde Übung macht den Meister! Nachdem wir einstimmig festgestellt haben, dass wir alle es schon zum Großmeister gebracht hatten, hatte diese wichtige Aufgabe der Lehrgangsleiter auf sich zurück delegiert. Im rückblick würde ich heute sagen, er hatte keine Lust, damit allzu viel Zeit zu verschwenden und setzte auf learning by doing im aktiven Dienst.
Jedenfalls wurde der Saal gut verdunkelt und wir hatten eineinhalb bis zwei Stunden Zeit, uns das Ergebnis der eingangs erwähnten Handgriffe zu verinnerlichen.
Zwecks der fortgeschrittenen Stunde wurde dann gleich zum Mittagessen gerufen, danach ging es bis zum Abendessen zum Selbststudium auf die Stuben. Nach dem Abendessen war für den Rest des Tages dienstfrei.
Ich glaube, Mittag- und Abendessen in der Kantine waren nicht so berauschend, aber so genau kann ich mich daran nicht erinnern.
Zwischendurch hatte ich die Hoffnung, dass es sowas wie eine Abschlussprüfung geben könnte, bei der die Teilnehmer ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen hatten und wer versagt, muss, wie in der Schule, eine Ehrenrunde drehen. Kann aber sein, dass andere schon vor mir auf so glorreiche Ideen gekommen waren.
Auch meine Anregung eines Vertiefungslehrganges, damit ich nach meinem Ausscheiden bei der Bundeswehr im Zivilleben leichter Fuß fassen könnte, z.B. in der Film- und Kinobranche, wurde nicht aufgenommen. Und so blieb mir nichts anderes übrig, als nach dem Ende meiner Dienstzeit in die Bankbranche zurückzukehren und Kreditfuzzi zu werden.
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